Tajikistan - unterwegs auf der Weltreise 2018

Panjakent - Seven Lakes - Iskanderkul - Dushanbe - Pamir Highway (Kulob - Khorugh - Langar - Murghab - Karakul)
(01.05.-31.05.2018)

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01.05.2018: Schon in Usbekistan unterwegs nach Djartepa zur Grenze nach Tajikistan hat es angefangen zu regnen. Am Grenzposten ist es wie schon fast jedes Mal kalt, windig und regnerisch. Dafür klappt alles zügig und problemlos. Am tajikischen Zoll müssen wir nur 100 USD zahlen (nicht 150 USD wie andere Reisende), bekommen aber wie alle anderen auch nur eine 15-Tage Genehmigung für das Auto, obwohl wir ganz lieb für 45 Tage gefragt haben. Laut freundlichem Beamten sind nicht mehr erlaubt. Immerhin ist das Visum für 45 Tage Aufenthalt gültig.
Wir fahren ein paar Kilometer auf neu ausgebauter Strasse weiter und kommen in der quirligen Stadt Panjakent an. Weil gerade ein Popkonzert im Stadion der Stadt stattfindet, ist die Hauptstrasse mit querstehenden Autos gesperrt und wir müssen auf löchrigen Nebenstrassen zum Markt fahren. Der Weg ist knöcheltief mit Schlamm bedeckt und als es auf dem Markt dann richtig schüttet, meinen wir in Matschigistan angekommen zu sein.
Wir kaufen Gemüse und Fleisch und suchen dann einen SIM-Shop, der uns eine SIM verkauft. Leider erfolglos. Alle Shops verlangen den Pass und eine Registrierung des Hotels (diese Regelung ist veraltet), so dass wir ohne SIM weiterziehen.
Wir machen einen Ortsrundgang und überlegen, ob wir in einem Hotel übernachten sollen. Nachdem wir ein paar heruntergekommene Hotels in sowjetischen Baustil gesehen haben, lassen wir den Gedanken aber wieder fallen. Wir übernachten stattdessen in einer ruhigen Nebenstrasse.
 
02.05.2018: Wir starten nach einer ruhigen Nacht ins Tal der sieben Seen. Die Strasse im Haupt-Tal ist noch gut und die ersten 10 Kilometer ins Tal hinein sind geteert, aber dann geht es heftig zur Sache. Die Naturstrasse wird steinig, löchrig und durch die Dörfer sehr eng mit vielen Hindernissen. Je weiter wir ins Tal kommen, umso öfter müssen wir auf schmaler Strasse überhängende Felsen passieren, an denen wir uns Zentimeter für Zentimeter vorbei manövrieren.
Dafür reisst die Wolkendecke auf und wir werden mit Sonnenschein und herrlicher Landschaft belohnt.

Wir fahren bis zum dritten See und bleiben dort an einem Picnic-Platz am Strand stehen. Wir sind meistens alleine, nur ab und zu schaut jemand kurz vorbei, fragt woher wir kommen und geht dann wieder.
 
03.05.2018: Wir werden mit wolkenlosem Himmel von der Sonne geweckt. Auf einer kleinen Wanderung dem See entlang bis zum nächsten See entdecken wir viele schöne uns unbekannte Pflanzen und Blumen.
Als wir zum Auto zurück kommen, haben wir einige Nachbarn bekommen. Zwei Männer und eine Frau aus Dushanbe, die zum Angeln hier sind und schon einige Angeln und Fischreusen ausgelegt haben. Einer von ihnen war schon in Deutschland und meint, dass dort nicht alles gut ist, z.B. darf man nicht ohne kostenpflichtige Bewilligung einfach so fischen.

Auch zwei russische Touristenpaare haben einen Zwischenstopp zum Baden "brrrrr" eingelegt und filmen sich gegenseitig.

Ausserdem ist noch eine tajikische Vierergruppe da, die mit dem Schlauchboot auf dem See relaxen. Einer hat ein Zupfinstrument dabei und singt mit kräftiger Stimme schöne Volkslieder die weit über den See zu hören sind und von den Felswänden widerhallen.
 
04.05.2018: Alle unsere Nachbarn sind verschwunden und wir sind wieder alleine am See. Wir beschliessen noch einen Tag zu bleiben um die Landschaft und das tolle Wetter zu geniessen.

Die Seen sehen aus wie Stauseen, was sie eigentlich auch sind. Ein Erdbeben vor langer Zeit brachte die Steinmassen ins Rutschen und diese stauten die Seen auf. Wir stellen fest, dass es weiter hinten keine schöneren Stellplätze hat und beschliessen an unserem Platz zu bleiben.
 
05.05.2018: Bei strahlendem Sonnenschein verlassen wir den See und fahren langsam aus dem Tal zurück.
Heute ist Samstag und die Dorfbewohner sind auf der "Hauptstrasse" unterwegs. Bei der Durchfahrt winken sie uns überall freudig zu. Die grösseren Schulkinder sind damit beschäftigt die Strasse im Dorf auszubessern.
Wieder auf der Teerstrasse machen wir neben der Strasse einen Picnic-Stopp und werden kurz von neugierigen Dorfkindern besucht.
Unser heutiges Ziel ist der Iskander See. Auf sehr guter Teerstrasse fahren wir das Zarafshan-Tal und später das Fan-Tal entlang. Die Strasse ist so gut, weil seit anfangs 2018 der Grenzübergang westlich von Panjakent wieder offen ist. Vorher war der Übergang lange geschlossen und das ganze Tal eine abgelegene "Sackgasse".
Die Bergkulisse rechts und links des Tales ist abwechslungsreich. Schneebedeckte Gipfel, rotgestreifte Berge und saftig grüne Weiden wechseln sich ab. Wir halten zwar Ausschau nach einem geeigneten Stellplatz, können uns aber nicht entschliessen irgendwo zu bleiben.
 
Hier kommen uns sehr viele hoch beladene Opel Zafira als Sammeltaxis und auffallend viele Mercedes entgegen. Anscheinend waren sie in Dushanbe zum Einkaufen. Auch chinesische Kleinbusse, die noch kleiner als die in Usbekistan sind, fahren hier, natürlich vollbesetzt und beladen.
So sind wir schliesslich an der Abzweigung zum Iskanderkul und biegen ins Tal ab. Es sind noch 24 Kilometer, die es aber in sich haben. Wir brauchen dafür nochmal zweieinhalb Stunden und kommen völlig erledigt am See an. Wir bezahlen die überteuerte Ausländer-Eintrittsgebühr (17 Somoni pro Nacht und Person) und suchen einen Stellplatz.
Nach 8 Stunden Fahrt für 180 km und schmerzendem Rücken sind wir erst einmal enttäuscht. Es wird schon fast dunkel, ist bewölkt und wir finden nur einen Stellplatz im Wald am vermüllten Strand unweit eines Ferienhauses des Staats-Präsidenten. Wir bleiben erst mal hier. Später kommt noch eine russische Schulklasse, die sich in der Nähe niederlässt, aber nicht stört.
 
06.05.2018: Am Morgen hat es zwar Wolken, aber die Sonne scheint auch und wir gehen ein Stück den Berg hinauf zu einem Aussichtspunkt. Unterwegs sehen wir verschiedene schön gelegene Ausstellplätze neben dem Weg und wir fahren hierher. Jetzt haben wir einen schönen sonnigen Platz mit toller Aussicht und heute strahlt der See in den herrlichsten Türkis- und Blautönen.
Am späten Nachmittag werden die Schleierwolken dichter, die Sonne verschwindet immer mehr und ein paar wenige Regentropfen fallen.
 
07.05.2018: Wir stehen früh auf, weil wir heute nach Dushanbe weiterfahren wollen. Unsere Abfahrt verzögert sich leider, weil der Ausgleichsbehälter der Heizung wieder leckt und Tobias erneut den ganzen Schrank auseinander nehmen muss um das Leck zu suchen und abzudichten.
Der See ist früh am Morgen noch satt grün, als ob jemand über Nacht dunkelgrüne Farbe hineingeschüttet hat. Je höher die Sonne steigt, umso heller wird er und bis wir abfahren ist er wieder türkis-farben.

Auf der Rückfahrt leuchten die bunten Felsen in der Sonne und wir nehmen uns Zeit zum Fotografieren, aber der Weg bleibt gleich schlecht und holprig.
Wir sind froh als wir nach 2 Stunden (24 km) die geteerte Hauptstrasse erreichen.

Wir schlängeln uns in Gesellschaft von Schafherden und schleichenden LKWs die Anzob Passstrasse hinauf bis wir auf 2600 m Höhe den Anzob-Tunnel erreichen.
Im 5 km langen Tunnel ist dicke Luft, da er nicht belüftet ist. Auch die Beleuchtung ist minimal und wir sind froh, als wir wieder draussen sind.
Auf dem Weg ins Tal kommen wir an einer Wiegestation vorbei und wir werden aufgefordert unser Fahrzeug zu wiegen. Mit einem leeren Wassertank (220 l) und einem leeren Dieseltank (250 l) wiegen wir 10'950 kg. Also wissen wir das jetzt auch.

Etwas überrascht sind wir, als plötzlich vor uns eine Mautstation auftaucht. Die Maut für unser Fahrzeug beträgt 59 Somoni (ca. 6 EUR) für eine Strasse die Autobahn genannt wird...
Wir fahren auf relativ guter Strasse durch die Varzob Schlucht, die rechts und links mit Ressorts, Hotels, Villen und Picnic-Plätzen zugebaut ist.
Da wir heute nicht nach Dushanbe hineinfahren wollen, bleiben wir bei Gusgarf auf einem Parkplatz neben dem wild schäumenden und laut tosenden Fluss stehen.
 
08.05.2018: Ausgeschlafen fahren wir am Morgen nach Dushanbe und bezahlen nochmals 12 Somoni Maut für die Autobahn.

Zuerst steuern wir wegen der SIM-Karte den Megafon Shop an. Im Gegensatz zu Panjakent, erhalten wir sie hier problemlos nach Vorlage des Passes und des Visums und sie funktioniert sogar sofort.
Anschliessend fahren wir in die bei Fernreisenden bekannte Werkstatt zu Anar. Unterwegs fragt eine Frau aus dem Auto nebenan auf Schweizerdeutsch, ob wir aus der Schweiz kommen. Es reicht nur für ein kurzes "ja", dann fährt das Auto mit Diplomaten-Kennzeichen weiter. Bei Anar wollen wir das Fahrzeug vor der Pamir Tour checken lassen und die noch nicht behobenen Mängel beseitigen lassen. Wir können hier neben der Werkstatt und einem Fussballfeld übernachten.
Am Abend gehen wir im Quartier etwas essen und sind überrascht, wie viele Erwachsene und auch kleine Kinder noch draussen unterwegs sind. Da es am Tag zu heiss ist zum Fussball spielen, wird mit Begeisterung in der Nacht bei Flutlicht gespielt. Direkt neben uns wird mit lautem Geschrei der Ball übers Feld gejagt und nur zwischen 4 und 5 Uhr ist es kurz ruhig und dann ab 8 Uhr wieder. Überhaupt wird hier viel Sport gemacht. Auch zwischen den Wohnblocks hat es immer wieder kleine Sportplätze, die rege von Jung und Alt benutzt werden.

09.05.2018: Da heute ein Feiertag ist (Tag des Sieges, 2. Weltkrieg), sind in der Stadt aller Geschäfte und Märkte zu. Wir bleiben deshalb beim Auto und reparieren ein paar kleine Dinge und geniessen die Ruhe am Tag. Die gebrochene Lautsprecher-Halterung wird zum Beispiel durch einen extra für uns angefertigten Metallwinkel ersetzt. Auch die neue Lichtmaschine aus Dubai wird geprüft, da die Verbraucherbatterien schon lange nicht mehr während der Fahrt geladen werden, allerdings ohne Erfolg. Am Nachmittag wackelt das Auto heftig, es ist schon wieder ein gut spürbares und relativ lang andauerndes Erdbeben der Stärke 6.2. Da wir wieder "online" sind, sind wir und auch die Daheimgebliebenen schnell informiert. Das Epizentrum lag im Pamir-Gebirge, dort wo wir in ein paar Tagen durchfahren werden. In unsere Umgebung hat es zum Glück keine Schäden gegeben.

10.05.2018: Die Reparaturen am Auto brauchen Zeit, oder besser die Arbeiter nehmen sich Zeit. Stress wird man hier nicht kennen. Immer wieder muss Tobias nachfragen, was wann gemacht wird. Auf die Kontrolle der ABS-Sensoren (die ABS-Kontrolllampe leuchtet seit Russland) verzichten wir deshalb ganz. Nach dem nächsten Schlagloch würde sie sicher gleich wieder leuchten. Dafür kaufen wir noch zwei LKW-Scheibenwischer und einen Zusatz für den Diesel, damit dieser nicht gefriert bei tieferen Temperaturen im Pamir oder Sibirien (Diesel in Tajikistan hat keine solche Zusätze drin).
11.05.2018: Heute ist es bei hoher Luftfeuchtigkeit sehr heiss und erstmals wird die 40 Grad Marke geknackt. Erst am Abend sind die Reparaturen fertig. Wir staunen, denn mit 190 Euro ist die Reparatur sehr günstig. So viel hätten wir in der Schweiz nur schon für die handgefertigten Lautsprecher-Halterungen bezahlen müssen.
Anar führt uns noch zu der neuen Markthalle, wo wir Obst, Gemüse und Brot einkaufen.
Danach fahren wir zur Dushanbe Mall um uns mit Vorräten einzudecken. Im grossen Laden gibt es wirklich fast alles zu kaufen. Es hat Regale voll mit verschieden Reis- oder Buchweizen-Sorten. Auch Käse, Wein und Bier gibt es in grosser Auswahl. Nur Sesam-Kerne finden wir nach mehreren Suchaktionen erst auf Nachfrage: die gibt es nur in kleinen Tütchen mit 15 Gramm Inhalt, da Sesam hier nur zur Deko von Gebäck verwendet wird.
Die Nacht verbringen wir auf dem nicht so romantischen Parkplatz der Mall. In der Nacht gewittert es und es regnet auch ziemlich heftig.
12.05.2018: Der Tag ist zum Glück trocken, es regnet nicht mehr aber die Luftfeuchtigkeit ist hoch. In der Mall laden wir gleich noch unsere SIM-Karte auf. Die gekauften 5 GB sind schon fast aufgebraucht. Irgendwelche im Hintergrund ablaufenden Software-Updates haben sehr viel Datenvolumen gefressen. Am Automaten versuchen wir Geld zu bekommen, aber ohne Erfolg. Wir wechseln dann halt ein paar Euro-Scheine in einem Wechselbüro.
Dann machen wir uns auf zu einem kleinen Rundgang durch die Stadt. Auf dem Weg zum Rudaki Prospekt kommen wir durch Strassen und Viertel, die sehr grün sind. Viele grosse Platanen wachsen überall, auch entlang dem Rudaki Prospekt. Die Baumallee sieht schon fast wie ein Wald aus. Bei den hier herrschenden Sommer-Temperaturen sind diese schattigen "Wälder" sicher eine praktische und sehr angenehme Sache.

Wir wollen noch zum grossen Markt gehen. Leider existiert der Markt nicht mehr, hier ist nur noch ein grosses platt gemachtes Areal. Der Markt wurde abgerissen und durch die neue Markthalle ersetzt, in der wir gestern Abend schon zufällig waren.
Wir gehen weiter durch einen alten Stadtteil (Mahalla). Auch hier ist alles begrünt und die mir Reben bewachsenen Laubengänge über den Gehwegen vermitteln eine heimelige, entspannte Atmosphäre.
Mittags essen wir in einem Restaurant sehr gute und zarte Geflügel- und Schaf-Spiesse, dazu Brot und einen griechischen Salat sowie eine kalte Suppe aus Joghurt mit Eiern, Kartoffeln und ein paar Fleischstücken drin. Dazu gibt es mal keinen Grüntee, sondern ein richtiges Bier.
 
13.05.2018: Nach einer weiteren Nacht auf dem Parkplatz starten wir am Morgen zu unserer Pamir-Tour. Wir nehmen erst mal nicht die M41 (Pamir Highway) sondern fahren nach Süden. Diese Strasse soll besser ausgebaut sein und wird auch von den Trucks benutzt. Die Landschaft ist wunderschön. Auf roten Bergen leuchten grüne Weiden und bewässerte Oasen. Leider ist es regnerisch und trübe, bei Sonnenschein muss es hier herrlich sein.

Anfangs sind die Strassenverhältnisse sehr gut, trotzdem kommen wir nicht so weit wie geplant. Unterwegs werden wir immer wieder von vollbesetzten Taxis mit hochbeladenem Dach überholt. Die Fahrer rasen wie die Wilden und nehmen keine Rücksicht auf ihre Fahrgäste. So beobachten wir immer wieder, dass eine Tür aufgerissen wird und die Insassen in hohem Bogen aus dem Auto speien!
Wir übernachten etwas abseits der Hauptstrasse neben einem Feldweg am Rande eines Dorfes bei Shuroabad.
 
14.05.2018: Wir fahren weiter und sehen bald von oben das hier weite Tal des Panj Flusses der die Grenze zu Afghanistan bildet. Für die nächsten ca. 650 km werden wir dem Fluss folgen. Für ein paar Kilometer können wir noch die neue und sehr gute Teerstrasse geniessen, aber dann wird es katastrophal und unsere Geschwindigkeit verringert sich auf durchschnittlich 12 km/h. Unterwegs kommen wir zum Glück an einer Quelle mit gutem Trinkwasser vorbei und können unseren Wasservorrat, der bedenkliche gesunken war, auffüllen.

Wir fahren bis abends um 18 Uhr bis wir endlich in einem Dorf einen geeigneten Platz zum Übernachten gefunden haben.
Als ich die Tür zur Wohnkabine öffne trifft mich fast der Schlag. Wasser kommt mir schon beim Einsteigen entgegen. Alle Teppiche sind tropfnass, die Wasserpumpe läuft noch. Weil durch das Gerüttel auf der Piste der Wasserhahn durch den im Waschbecken liegenden Befüllkanister geöffnet wurde, ist ein ganzer Wassertank mit 220 Litern Wasser leer gepumpt worden. Das meiste Wasser ist im Abwassertank gelandet und der Rest in den Schubladen, Schränken, auf den Teppichen und in den Fächern unter der Treppe.
Sogar die Gasbrenner geben nur noch blubbernde Geräusche von sich.

Für zwei Stunden haben wir erst einmal geschöpft, getunkt und getrocknet. Dazwischen ist noch ein freundlicher Pamiri aufgetaucht, der uns zu sich nach Hause zum Essen einladen wollte, was wir wieder einmal dankend ablehnen mussten. Wir haben alle Ventilatoren die wir an Bord haben laufen lassen, haben kräftig eingeheizt und gut gelüftet. Blöderweise regnet es und es ist draussen auch feucht. Nachdem wir nur noch etwas Kleines gegessen haben, fallen wir erschöpft ins Bett.

Über Nacht haben wir alle Schränke und Schubladen offen gelassen und am Morgen hat es schon nicht mehr ganz so schlimm ausgesehen. Dafür sind sie jetzt frisch geputzt und sauber!!! Und auch die Sonne strahlt wieder.
 
15.05.2018: Wir begeben uns wieder auf die Piste und hoppeln weiter. Das Wetter ist schön, der Weg ist extrem schlecht, tiefe Löcher, grosse spitze Steine die aus dem Boden ragen, schmale Stellen mit ausgefransten oder unterspülten Abbruchkanten zum reissenden Fluss hinunter, überhängende Felsen mit Farbspuren von anderen Fahrzeugen. Wir haben wieder eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 12 km/h. Wenn wieder erwarten ein Stückchen intakte Teerstrasse auftaucht, und wir für 50 Meter auf 30 km/h beschleunigen können, fühlen wir uns schon im Geschwindigkeitsrausch.

Aber nichts desto trotz ist die Landschaft atemberaubend schön. Rechts und links des Flusses ragen die Felswände zum Teil senkrecht mehrere hundert Meter in die Höhe. Die kahlen farbigen Gesteinsschichten erinnern an Marmorkuchen. In engen Gebirgstälern haben sich kleine grüne Dörfer angesiedelt, deren Häuser wie Schwalbennester am Hang kleben.
Wir können das Leben in den Dörfern in Afghanistan auf der anderen Seite des Flusses beobachten. Die Menschen betreiben unter widrigen Bedingungen Landwirtschaft. Die Dörfer wirken idyllisch und scheinen nichts von den sonst im Lande herrschenden Spannungen und Krisen zu vermitteln.
Oft ist das andere Ufer nur einen Steinwurf entfernt und die Menschen winken fröhlich zu uns herüber.
Jeder geeignete Fleck wird bewässert und landwirtschaftlich genutzt, sowohl auf afghanischer Seite als auch auf tajikischer Seite des wilden Grenzflusses Panj.
Auf der tajikischen Seite ist immer wieder Militär unterwegs, Vierergruppen von Soldaten gehen auf der Strasse dem Fluss entlang. An Kontrollposten müssen wir uns jeweils in dicke Bücher eintragen lassen. Was wohl mit diesen passiert?
An einem Truck-Stopp können wir sehr elegant unseren Wassertank wieder füllen, der gestern während der Fahrt leergepumpt wurde und eine Überschwemmung in der Wohnkabine verursachte.
Gegend Abend werden wir angehalten. Am Strassenrand steht ein alter defekter Wolga mit zwei älteren Männern, die uns bitten sie abzuschleppen. Wir schleppen sie etwa 8 km bis ins nächste Dorf und sie bedanken sie sich immer wieder überschwänglich.

Auch nach fast 8 Stunden Fahrt sind wir nur 89 km weiter gekommen und wir fangen an zu rechnen, wie viele Tage wir für die weitere Strecke in diesem Tempo brauchen.

Da heute der 15. Mai ist, stossen wir mit einem Glas Wein (aus Kalifornien, abgefüllt im Elsass, gekauft in Dushanbe) zu unserem einjährigen Reisejubiläum an.
(siehe auch Bilanz: ein Jahr unterwegs )
 
16.05.2018: Heute wollen wir bis nach Khorugh kommen. Unterwegs ändert sich die Farbe des Flusses Panj. Ein Zufluss aus Afghanistan und bringt die braune Lehmfarbe mit, die der Fluss bisher hatte. Der Panj ist danach ziemlich klar. Nach wenigen Kilometern weitet sich das Tal und der Panj sieht eher aus wie ein langer See. Und die Gegend hier ist wieder sehr bewohnt.
In dem etwas grösseren Ort Rushan sind viele Menschen aus der Umgebung zum Einkaufen. Wir kaufen hier ein sehr gutes Kastenbrot und bezahlen für den Plastiksack noch 2 Somoni extra, obwohl wir im Auto schon fast Kilo-weise Säcke gesammelt haben.
Erfreulicherweise hat es etwas bessere Strassenverhältnisse mit längeren geteerten Abschnitten und wir kommen mit einem Tag Verspätung um 15:45 in Khorugh bei der Zollbehörde zur Verlängerung des Fahrzeug Permits an. Leider ist niemand da, der wirklich Bescheid weiss. Man will uns aber trotzdem erst einmal 100 USD abknöpfen. Wofür??? Wegen grossem Auto! Aber eigentlich kostet die Verlängerung gar nichts. Man rät uns, am nächsten Tag wieder zu kommen, dann könne man im Computer nachsehen.
Wir ziehen ab und stellen uns etwas erhöht auf einen Parkplatz neben eine kleine Tankstelle im Ort zum Übernachten.
 
17.05.2018: Am Vormittag gehen wir über eine kleine Brücke und sind mitten im Bazar. Bevor wir einkaufen, wollen wir aber noch zur Tourist Info. Dort erfragen wir die Situation der kommenden Route durch den Wakhan Korridor, Sicherheit in Bezug auf die Taliban im Nachbarland, Sicherheit wegen Minen, Strassenzustand und Camping-Möglichkeiten. In bestem Englisch erhalten wir alle Auskünfte und einige Tipps und können uns beruhigt auf den Weg machen. Wir sprechen auch die Fahrzeug Permit Verlängerung an. Sie erklärt uns, dass es noch immer alte Regelungen aus der Sowjetzeit gibt, deshalb die 100 USD Forderung. Wir könnten auch bis zur Grenze fahren und müssten dort eine kleine Strafe von 150 Somoni bezahlen.
Danach schlendern wir gemütlich durch den schönen Stadtpark mit grossen Bäumen. Leider ist die Uferpromenade von einem grossen Neubau der Aga Khan Stiftung unterbrochen. Via Hauptstrasse gehen wir auf den Markt einkaufen.

Danach tanken wir Diesel und gehen in den einzigen grösseren Supermarkt im Ort. Während auf dem belebten Markt fast kein Durchkommen war vor lauter Menschen, sind wir ganz alleine im Supermarkt. Kein Wunder, das Angebot ist minimal und die meisten Regale sind leer. Wir kaufen zwei Biere, eine Packung Kekse und den Coca-Cola Ersatz RC-Cola (ist genauso gut). Sehr viel Personal ist im Laden damit beschäftigt, Artikel in den Regalen hin und her zu räumen.
Aus der Umgebung kommen viele beladene Fahrzeuge zum Markt... und fahren anders beladen wieder weg.
Auf einem Parkplatz vor dem Stadtpark finden wir einen neuen Stellplatz. Wir geniessen noch die letzten Sonnenstrahlen im Park und gehen dann zum Auto zurück.

Am Auto angekommen werden wir von dem französischen Tandem-Paar Fleur und Aurélien überrascht, die wir seit dem Iran immer wieder treffen. Die Freude ist gross und die Erlebnisse werden ausgetauscht.
Zwei weitere Velofahrer aus Frankreich berichten, dass sie in der Nähe von Kalaikhum bei der Mittagspause von Afghanistan aus beschossen wurden. Sie wollen deshalb nicht mehr am Grenzfluss Panj weiterfahren. Man weiss nichts Genaueres. Auf jeden Fall ist das kein schönes Erlebnis.

Am Abend essen wir im indischen Restaurant Delhi Darbar. Es soll der beste Inder im Pamir sein. Das Essen ist recht gut, aber typisch indisch ist anders. Nachtrag: ist wohl auch der einzige Inder im Pamir...
 
18.05.2018: Da das Wetter nicht sehr gut ist, bleiben wir noch einen Tag in Khorugh. Wir wollen bei der Weiterfahrt sehr gerne die Berggipfel ohne Wolkenschleier sehen. Da das Telefonnetz recht gut ist, beantragen wir unsere Visa für Russland. Wir senden alle Unterlagen per Email an AVS Allvisumservice, wo unsere Austauschpässe liegen und wo wir schon die letzten Russland Visa eingeholt haben. Wir lassen sie an die Schweizer Botschaft nach Bishkek schicken und holen sie dann dort ab.
Während wir noch damit beschäftigt sind, sehe ich, dass ein paar Autos weiter ein Kleinlaster mit Fleisch angehalten hat. Es ist hier sehr schwierig Fleisch zu bekommen. Auf dem Markt haben wir nur zwei Stände mit undefinierbarem Fleisch gesehen und im Laden gibt es nur nicht eingepacktes Gefrorenes. Also gehe ich wie andere auch zum Auto. Das Fleisch das er hat sieht frisch aus. Ich möchte natürlich ein schönes Stück ohne Knochen. Das ist hier nicht üblich. Er bietet mir ein halbes kleines Tier, entweder Ziege oder Lamm an, zwei Vorderläufen ohne Kopf, eben wie gewachsen. Ich verzichte.
Khorugh hat einen hohen Ausländeranteil, weil hier Hilfsorganisationen aus diversen Ländern stationiert sind. Erstaunlich ist, dass praktisch alle in relativ neuen grossen SUVs unterwegs sind. Es scheint, dass so ein Teil der Hilfsgelder versickert. Grosses hat in dieser Gegend die Aga Khan Development Network geleistet. Nachhaltig wurde die Entwicklung im Pamir während und nach dem Bürgerkrieg unterstützt. Überall sichtbar sind z.B. die Wakhan-Pappeln, sehr schnell wachsende Bäume, welche angepflanzt werden, um den Holz-Bedarf zu decken.
 
19.05.2018: Wir starten zeitig Richtung Süden. Das Wetter ist durchwachsen, teils sonnig, teils bewölkt, aber wir sind zufrieden. Die Strasse hat einige längere geteerte Abschnitte und wir kommen gut voran.
Hier beginnt man auch schon die Winterschäden auszubessern, denn immer wieder sieht man einen einsamen Strassenarbeiter mit oranger Leuchtwesten und Schaufel, der die tiefen Schlaglöcher mit Erde, Grasbüscheln und Steinen stopft.
Je weiter wir nach Süden kommen, umso mehr weitet sich das Tal und schon bald tauchen die ersten, mit Schnee und Gletschern bedeckten 7000 m hohen Gipfel des Hindukusch auf. Das Wetter meint es gut, denn immer wieder reisst die Wolkendecke etwas auf und die einzelnen Gipfel zeigen sich vor blauem Himmel in ihrer ganzen Pracht.
Nach dem Ort Ishkashim finden wir bei Ryn einen Stellplatz auf 2600 m Höhe neben einem Feld mit schöner Aussicht.
 
20.05.2018: Um uns langsam an die Höhe zu gewöhnen, planen wir den nächsten Übernachtungsplatz 400 m höher ein. Da das Tal aber sehr langsam ansteigt, kommen wir nach 88 km nur 200 m höher.
Auf der ganzen Fahrt am Fluss Panj entlang werden wir von den zackigen, mit Schnee bedeckten Gipfeln der Hindukusch Berge begleitet.
Immer wieder führt der Weg durch kleine schöne Dörfer. Die Häuser sind mit Steinmauern umgeben. Auch hier winken uns die Bewohner freudig zu.
Nach dem Ort Drizh finden wir wieder einen schönen Stellplatz mit Blick auf die afghanischen Schneeberge und beschliessen hier zwei Nächte zu bleiben.
 
21.05.2018: Bei Sonnenaufgang um 5 Uhr werden wir von vorbeiziehenden Hirten mit ihren blökenden Schafherden geweckt. Nachdem sie eine Weile um unser Auto gestrichen sind, ziehen sie weiter und wir schlafen nochmal eine Runde.
Nach dem Frühstück ist Wäsche waschen angesagt. Das Wetter ist sonnig und ein stürmischer Wind fegt durch das Tal, so dass die Wäsche in Windeseile getrocknet ist. Leider bezieht sich der Himmel bei 13 Grad und aus unserem geplanten Picnic im Freien wird nichts.

Als wir gerade noch draussen sind, kommt eine Hirtin mit einem neugeborenen Kalb auf dem Arm vorbei. Die noch geschwächte Mutterkuh legt sich immer wieder auf den Weg und mag nicht weiter bis ins Dorf in den Stall laufen. Wir räumen die Wäscheleinen mit Hilfe eines Hirtenjungen zusammen. Er bekommt dafür eine Tafel Schokolade, über die er sich riesig freut. Wir verziehen uns ins windstille Auto schreiben am Reisebericht und hocken noch vor dem Computer. Gegend Abend wird das Wetter wieder sonniger und die Hirten ziehen mit ihren Tieren wieder zurück in die Dörfer.
 
22.05.2018: Wir fahren weiter das Tal hinauf. Bei Shirgin bei der heissen Quelle treffen wir viele Viehherden, welche unterwegs sind um den Sommer im Gebirge zu verbringen.
Wir dachten, wir könnten in Langar noch etwas einkaufen, aber hier gibt es keine Shops mehr. Die Dorfbewohner scheinen sich selbst zu organisieren und machen wohl Grosseinkäufe im nächstgrösseren Ort.



Typisch sind im Pamir die flachen Hausdächer mit dem praktischen Dachfenster für Lichteinlass und Rauchabzug. Auch hier hat die moderne Zeit angefangen und meist stehen noch eine Satellitenschüssel und eine kleine Solaranlage auf dem Dach.
Beim Ort Langar kommen die Flüsse Wakhan und Pamir zusammen und bilden den Fluss Panj, an dem wir inzwischen ca. 600 km entlang gefahren sind. Wir folgen jetzt dem Fluss Pamir, der noch eine Weile die Grenze zwischen Tajikistan und Afghanistan bildet. Nach Langar windet sich die Strasse in steilen Serpentinen den Berg hinauf und wir kommen höher und höher.
Auf einem kleinen Hochplateau auf 3430 m Höhe bleiben wir zum Übernachten. Da es immer schwieriger wird das Essen weich zu kochen, haben wir erstmals Spaghetti im Dampfkochtopf gekocht, mit Erfolg!
 
23.05.2018: Morgens hat es nur noch -1.5 Grad und unser Dachfenster und die Landschaft ist mit Eisschnee bedeckt und der Wind treibt weiter Schneegraupel über die Hügel. Das Wetter ändert sehr schnell: Schneegestöber wechselt sich mit Sonnenschein ab und der Schnee ist gleich wieder verschwunden. Von unserem Fenster aus können wir zwei Adler beobachten, die weit über uns ihre Kreise ziehen.
Wir machen uns auf den Weg und finden nach ein paar Kilometern einen klaren Gebirgsbach, wo wir mit der Wasserpumpe direkt aus dem Bach unsere Wassertanks füllen. Es ist neblig und schneit schon wieder, also eine nass-kalte Angelegenheit.
Der Fluss Pamir wird immer kleiner und ist hier zum Teil nur noch ein grünes Rinnsal und man könnte ohne Probleme nach Afghanistan waten.
Wir kommen zum Khargush Checkpoint und passieren bald danach den Khargush Pass mit 4318 m Höhe.
Da diese Route wenig befahren ist wird die Piste auch nicht gepflegt und ist in miserablem Zustand. Da ich diesmal die Höhe nicht so gut vertrage wie vor 9 Jahren in Südamerika und die Piste extrem schlecht ist, bin ich als wir am Stellplatz ankommen total gerädert.


Wir übernachten abseits der kaum befahrenen Piste auf 3930 m im schönen weiten Tal.
 
24.05.2018: Wir beschliessen einen Tag Pause zu machen. Wir haben uns beide über Nacht gut erholt und machen bei Sonne und Wind eine kleine Wanderung ins weite Tal und in einzelne trockene Wasserläufe hinein.

Die frische Luft und die entspannte Wanderung tun uns sehr gut.
Am Nachmittag klopft ein Hirte an unsere Tür und fragt, ob wir 5 Yaks gesehen haben, die ihm wohl fortgelaufen sind. Ausserdem hat er Zahnweh und bekommt von uns Schmerztabletten und ein Glas Wasser.

Schon einmal sind wir von LKW-Fahrern um Schmerztabletten angefragt worden. Und auch ein einheimischer Toyota-Fahrer hat uns mal um Diesel "angepumpt".
Als es dämmrig wird, taucht zuerst ein Hase und etwas später ein Fuchs vor unserem Fenster auf. Es ist so ruhig und einsam hier, dass uns Hase und Fuchs gute Nacht sagen...
 
25.05.2018: Wir sind nur noch ca. 8 km vom Pamir Highway M41 entfernt und der Rest wird nochmal zum Horrortrip. Ich werde im Auto so hin und her geschüttelt, dass ich kaum richtig atmen kann, was in der Höhe noch beschwerlicher ist. Auch die ersehnte Teerstrasse ist nur ein kleines Stück glatt und wird dann wieder löchrig und wellig. Mir geht es gar nicht gut und wir halten erst einmal im kleinen Dorf Alichur.

Da wir sowieso Brot und Eier kaufen wollen laufen wir durchs Dorf, auf der Suche nach einem Laden. Das Magazin hat ein grosses geschlossenes Vorhängeschloss und eine Klingel. Nach dem Klingeln taucht bald jemand auf und öffnet den Laden. Es gibt von Keksen über Seife, Kleider und Eisenwaren fast alles, aber kein Brot und keine Eier.
 
Zwei Burschen, die mit uns den Laden betreten haben, begleiten uns weiter zu einem Haus, wo wir von einer Frau Brot bekommen, das wir aber nicht bezahlen dürfen. Fehlen nur noch die Eier. Wir folgen den beiden Burschen weiter, die uns durchs ganze Dorf von Haus zu Haus führen, leider immer ohne Erfolg. Das Dorf ist seeehr lang und wir sehen unterwegs auch keine Hühner. Am Ende des Dorfes geben wir auf und bedanken uns für Begleitung. Bei einem letzten Versuch werden wir in einem anderen Magazin fündig und kaufen 10 Eier.
Nach 1.5 Stunden haben wir dann unseren "Grosseinkauf" erledigt und dabei viel Interessantes in der Ortschaft Alichur entdeckt.
Mir geht es wieder besser und wir fahren weiter.



Die Landschaft wird immer karger und immer wieder sind auch Schneeresten zu sehen die noch nicht weggetaut sind.
Kaum zu glauben, dass das ein Teil der so berühmten Seidenstrasse ist, auf welcher schon ab dem 5. Jahrhundert vor Christus Waren zwischen Europa und China ausgetauscht wurden.

Auch Marco Polo war hier unterwegs und hat wohl die chinesischen Nudeln in der Höhe nicht weich bekommen und sie als Spaghetti bis nach Italien mitgenommen...
Kurz hinter dem Nayzatash Pass bleiben wir auf einer Piste abseits der M41, dem wenig befahrenen Pamir-Highway, in einem Seitental auf 4130 m Höhe stehen.
 
26.05.2018: Nach dem Frühstück gehen wir wieder wandern. Die Sonne scheint und es geht kaum Wind, so dass wir schnell warm bekommen. Da das Tal sehr weit und lang ist, konzentrieren wir uns eher auf das, was wir direkt vor unseren Füssen finden.

Von weitem sieht die Landschaft nicht sehr abwechslungsreich aus und so sind wir überrascht, wie vielfältig doch die magere Vegetation ist.
Verschiedene Gräser und Flechten bedecken den Boden und sehen von weitem wie grüne Kuhfladen aus. Ganz zu schweigen von den vielen bunten Steinen.

In den grossen Erdlöchern verschwinden immer wieder Murmeltiere, die in ihrem goldfarbenen Pelz wie Grasbüschel aussehen.
 
27.05.2018: Wir sind nicht weit vom Ort Murghab entfernt, die Strasse ist relativ gut, hat keine Löcher ist aber sehr wellig, was die Geschwindigkeit auch stark begrenzt. Wir erreichen noch am Vormittag Murghab.
Als wir ankommen, tobt gerade ein Schnee- und Graupelsturm und wir essen erst mal etwas im Auto. Alles wird für kurze Zeit weiss.

Beim Aussteigen nach dem Sturm werden wir von drei Buben begrüsst. Einer von ihnen zeigt die hohle Hand und sagt in fliessendem Englisch "money". Tolle Begrüssung!

Da dies einer der grösseren Orte ist hoffen wir auf ein gutes Internet Netz damit wir mal wieder unsere Emails checken können. Leider ist die Verbindung nicht gut: sie wird immer wieder unterbrochen oder verschwindet ganz, was uns natürlich total nervt.
Wir besorgen uns noch ein paar Tomaten und Brot auf dem Bazar, der aus zwei Reihen Containern besteht. Der einzige Metzger der noch offen hat, hat leider schon alles Fleisch verkauft. Schade er hatte nämlich Yak-Fleisch, das wir gerne mal probiert hätten. Wir erfahren, dass die Bauern aus der umliegenden Gegend ihr Fleisch hierher bringen und von hier wird es dann nach Khorugh gefahren.
Diesel haben wir leider keinen gefunden und wenn dann nur aus dem Kanister von schlechter Qualität und auch noch teurer. Aber unser Diesel sollte noch bis Kirgistan reichen, obwohl unser Durchschnittsverbrauch bei diesen Strassen-Verhältnissen auf 30 l/100 km angestiegen ist.
Da der Ort Murghab zum längeren bleiben wenig einladend ist, fahren wir weiter. Schon von weitem sehen wir, dass der Himmel unwetterartig aussieht. Als wir weiter fahren, kommen wir in einen gewaltigen Sandsturm. Man sieht keine 5 m weit und wir müssen immer wieder stehen bleiben um uns zu orientieren.
Irgendwann sind wir dann durch und der Himmel klart auf. Wir finden in einem Seitenweg abseits der Strasse ein schönes Plätzchen zum Übernachten.
 
28.05.2018: Heute müssen wir den Akbaytal Pass, mit 4655 m den höchsten Pass auf dem Pamir Highway, überqueren. Die Strasse hat einen recht guten Teerbelag und steigt ganz sanft höher und höher.
Erst vor der höchsten Kuppe hat es nur noch Naturpiste und diese ist ein Stück wirklich steil und unser schwergewichtiger Onkel Benz kommt recht ins Schnaufen und die Räder drehen sich nur noch gaaaanz langsam, aber wir sind nicht stehen geblieben (und hätten auch noch die Untersetzung zuschalten können).
Auf der anderen Seite ist das Wetter trüber und bewölkt. Wir wollen noch bis zum Karakulsee kommen, was wir auch schaffen. Die Strasse ist kaum befahren, wir haben den ganzen Tag nur 5 Autos gesehen, davon einen Landy mit Holländern, die in die gleiche Richtung wie wir unterwegs sind.
Wir sehen zwar auf dem Navi, dass wir den See erreicht haben, aber es tobt inzwischen ein eisiger Schnee-Sand-Sturm, so dass wir gar nicht sehen wo wir sind. Zuerst sind wir enttäuscht und wollen schon weiterfahren, bleiben aber dann einfach mal stehen.

Gegen Abend hört der Sturm auf, die Wolkendecke reisst auf und wir sehen erstmals das tolle Panorama und sind froh, dass wir hier geblieben sind.
 
29.05.2018: die Nacht war mit -6.5 Grad eisig kalt und bisher unsere kälteste Nacht. Dafür scheint die Sonne und der Himmel ist total wolkenlos.
Wir wollen Wäsche waschen. Es hat sonnige 2 Grad mit starkem Wind aber nicht stürmisch. Als wir die erste Wäsche aufgehängt haben, gefriert diese sofort bretthart an der Leine fest. Nachdem durch die Wäschewascherei ein Wassertank leer geworden ist stellt, Tobias auf den anderen Tank um, aber nichts passiert. Die Wasserpumpe kann hier in der Höhe nicht genug Saugkraft aufbauen. Blöd. Jetzt haben wir einen leeren und einen vollen Tank, kommen aber nicht an das Wasser heran. Tobias bastelt und unterstützt die Pumpe schliesslich mit Ansaugen aus dem Wasserhahn, bis sie zum Schluss wieder funktioniert.
Die Höhe macht doch einigen Geräten zu schaffen. Der Handstaubsauger (Dyson!) schaltet automatisch aus und der Haarföhn überhitzt nach kurzer Zeit. Wir hoffen, dass sich diese Krankheiten in der Ebene wieder geben. Und natürlich die Speisen, welche viel länger brauchen bis sie gar gekocht sind. Nachtrag: auf 1000 m.ü.M. funktioniert alles wieder tadellos!
Der Himmel bleibt wolkenlos und wir geniessen diese herrliche Landschaft, den intensiv blauen See mit den schneebedeckten Bergen im Hintergrund.
 
30.05.2018: Wir fahren noch 8 km weiter und sind in der etwas trostlos aussehenden Ortschaft Karakul. Wir gehen durch den Ort und suchen einen Laden, leider erfolglos, den gibt es nicht mehr.
Schon etwas älteres Brot bekommen wir von einem Privat-Haushalt, mehr gibt es nicht. Gebacken wird hier nicht jeden Tag.
Wir essen gerade zu Mittag, als das französische Tandem-Paar Fleur und Aurélien und zwei weitere französische Velofahrer eintreffen. Die Freude ist wieder gross und wir begrüssen sie mit Applaus für diese Leistung.
Noch während wir beisammen stehen, treffen weitere Reisende ein, Helmut aus Deutschland und seine südafrikanischen Freunde. Reiseerfahrungen werden ausgetauscht und man überlegt ob man irgendwo gemeinsam übernachtet. Da die Bedürfnisse aber zu weit auseinander gehen (im Windschatten, aber nicht im Ort etc.), wird daraus aber nichts.
Umringt von einer Kinderschar pumpen wir an der Dorfpumpe unsere Wassertanks wieder voll. Dabei kommen immer mehr Kinder dazu und in der Menge werden diese auch immer frecher. Als wir weiter fahren, fliegen sogar Steine.
Wir fahren ein Stück aus dem Ort und bleiben wieder am See stehen. Die anderen suchen sich eigene Plätze.

Leider ist es heute bewölkt und die Bergspitzen sind mit Wolken verschleiert, aber es regnet oder schneit nicht.
 
31.05.2018: Wir beschliessen heute noch hier zu bleiben. Das Wetter ist okay. Vom Fenster aus sehen wir mit dem Fernglas Eisschollen am See. Der Wind hat sie ans Seeufer getrieben. Ich möchte diese gerne von Nahem sehen und wir machen uns vor dem Mittagessen auf den Weg. Bald ändert sich der Untergrund. Grosse Mulden mit magerem Grasbewuchs gehen mit der Zeit in sumpfiges Gelände über. Die Sumpftümpel werden immer grösser und bilden schon kleine Seen, die wir umrunden müssen um weiter zu kommen. So versuchen wir uns im Zickzack dem Ufer zu nähern.
Beim Blick zurück sehen wir, dass unser Auto schon ganz klein weit hinter uns liegt, aber die Eisschollen noch immer in weiter Ferne sind. Wir müssen matschige Bäche überspringen und ich lande mit einem Fuss in der Brühe. Die Füsse sind nass und die Schuhe werden von den Lehmklumpen immer schwerer. Mir ist die Lust vergangen und wir kehren um, ohne die Eisschollen aus der Nähe gesehen zu haben.
Nach dem Mittagessen sitzen wir vor dem Computer und bereiten alles für den morgigen Grenzübertritt vor.
 
01.06.2018: Früh am Morgen erscheint ein Ranger, der von uns eine Nationalparkgebühr will. Wir zweifeln zuerst, aber nachdem er Quittungsbücher mit dem Signet des Nationalparks heraus zieht, glauben wir das mal. Er braucht eine Ewigkeit bis er die Quittungen ausgefüllt hat. Wir bezahlen 150 Somoni für zwei Tage (knapp 17 CHF) und er verschwindet wieder. Wir packen und verschwinden Richtung Grenze.
Zuerst ist die Strasse noch relativ gut und mehr oder weniger geteert, aber vor der Grenze kommt noch ein längeres Stück mit übelstem Wellblech. Kurz vor dem Kyzyl-Art Pass erreichen wir den tajikischen Grenzposten, der recht trostlos aussieht. Das ganze Zollgelände ist durch tiefe Spuren und Matsch geprägt, der aber zum Glück trocken ist. Als erstes müssen wir in ein kleines Haus, wo ein Beamter (?) sitzt, der ein Formular verlangt, welches niemand hat der hierher kommt. Auch andere Reisende haben das so berichtet. Der Beamte gibt schnell auf, verlangt nichts von uns und wir können in das nächste Zollhäuschen. Die kleinen Büros sind schön warm geheizt. Mit etwas Zittern geben wir das abgelaufene 15-Tage Permit für das Fahrzeug ab. Der Beamte nimmt es kommentarlos entgegen und legt es auf die Seite, erledigt. Auch die Pässe sind schnell abgestempelt.
Nach sehr kurzer Zeit am Zoll können wir schon weiter fahren über den Kyzyl-Art Pass (ca. 4300 m), durch ein Niemandsland, denn der kirgisische Grenzposten liegt erst etwa 20 Kilometer hinter der eigentlichen Grenze.
 
In einem separaten Kapitel haben wir unsere persönlichen Impressionen über Tajikistan zusammengefasst.

Unsere Reise geht weiter in Kirgistan.
 
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